Der Ebersberger Forst ist mit einer Fläche von 90 km² eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in Deutschland. Der Forst besteht aus den gemeindefreien Gebieten Anzinger Forst, Ebersberger Forst und Eglhartinger Forst. Von den 90 km² sind 77 km² im Besitz des Freistaats Bayern, der Rest ist Gemeinde- und Privatbesitz. Teile davon sind Landschaftsschutzgebiet, Wasserschutzgebiet, Bannwald und im Bereich der südöstlichen Endmoränen-Hügelkette auch FFH-Schutzgebiet (FFH steht für die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU).
Informationen und Orientierung bietet das Freizeitmagazin Ebersberger Forst.
© Markus Trowe, Richard Straub, Marcus Bosch, Markus Brindl
In den letzten Wochen ist die Diskussion um den Bau von Windkraftanlagen im Ebersberger Forst wieder mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Auch wir haben uns an der Diskussion beteiligt und unsere Position
bekräftigt.
Wir distanzieren uns in diesem Zusammenhang ausdrücklich von jeglicher politischen Parteinahme und Polemik ohne sachlicher Grundlage. Die Realität ist leider nicht so simpel, wie sie oft
dargestellt wird.
Der LBV begrüßt den Ausbau regenerativer Energieerzeugung, auch der Windkraft in unserer Heimat. Wir sind überzeugt, dass es uns nur damit gelingt, den menschenverursachten Klimawandel zu verlangsamen und -hoffentlich rechtzeitig für die Mehrheit der Erdenbewohner- aufzuhalten.
Unser Anliegen bleibt jedoch, dass dabei der Artenschutz nicht hintenangestellt wird.
Das Bestreben der Planer, Windkraftanlagen möglichst weit weg von jeglicher Bebauung und Besiedelungen in die letzten größeren natur-nahen und störungsarmen Refugien zu planen, lehnen wir
vehement ab.
Das gilt sowohl für die aktuellen Planungen von fünf Windkraftanlagen, als auch für die vom regionalen Planungsverband geplante Ausweisung von drei Windkraftvorranggebieten mit Potential für über
50 Windräder im Ebersberger Forst.
Der Ebersberger Forst ist eines der größten außeralpinen zusammen-hängenden Waldgebiete im südbayerischen Raum. Insbesondere im dicht besiedelten Münchner Umland haben solche großen störungsarmen
Flächen Seltenheitswert und deswegen umso mehr Bedeutung.
Viele „Allerweltsarten“, die meisten Singvögel, Säugetiere, Amphibien, Reptilien und Insekten, brauchen diese Ruhe nicht und können problem-los auch unter Windkraftanlagen existieren. Das lässt
aber nicht die Schlussfolgerung zu, dies gälte für alle Arten!
Im Ebersberger Forst sind eine Reihe von Arten von Großvögeln und Fledermäusen nachgewiesen, die von den dort geplanten Windkraft-anlagen in ihrem Bestand gefährdet werden. Diese Arten sind
gerade deshalb selten und bedroht, weil sie große, störungsarme Lebensräume, wie den Forst im heutigen Zustand, brauchen!
Die oft angeführte Behauptung, Windräder hätten keine Auswirkungen auf den Fortbestand dieser Arten, ist falsch.
Einerseits besteht für die Tiere das Risiko, mit den Rotorblättern zu kollidieren. An der Spitze erreichen die Rotorblätter Geschwindigkeiten von etwa 300 km/h!
Dass deutlich mehr Vögel durch Hauskatzen und Vogelschlag an Fensterscheiben und Fahrzeugen umkommen, als durch Windkraft-anlagen, bestreiten wir nicht. Wir weisen jedoch darauf hin, dass dieser
Vergleich jeglicher Sachlichkeit entbehrt: Im Siedlungsbereich und an Straßen verenden bodennah lebende, reproduktionsstarke Arten wie Meisen (ca. 20 Nachkommen pro Brutpaar und Jahr).
Windkraftanlagen treffen jedoch hochfliegende, große Vogelarten wie Greifvögel und Störche (1 bis max. 3 Nachkommen pro Brutpaar und Jahr). Der Verlust einzelner Individuen hat für den Bestand
dieser Arten sehr viel schwer-wiegendere Konsequenzen!
Zugespitzt ausgedrückt: Es verenden genauso viele Blaumeisen in Windkraftanlagen, wie Störche durch Hauskatzen!
Von Fledermäusen weiß man zudem, dass sie nicht allein durch Kollision mit den Rotorblättern, sondern schon durch die Turbulenzen im Schlepp der Rotorblätter innerliche Verletzungen davontragen
und daran verenden (sog. Barotrauma).
Aus unserer Sicht noch schwerwiegender ist das zu erwartende Vermeidungsverhalten der Tiere: Sie wandern aus den Bereichen ab, in denen ihnen Gefahr von den Anlagen droht. Damit geht ein
weiterer, seltener Lebensraum für diese bedrohten Arten verloren.
Man führe sich vor Augen: Eine Fledermaus hat ein so feines Gehör, dass sie damit völlig blind nachts durch den Wald fliegen kann!
Warum also baut man die Windräder dort, wo beispielsweise die Bechsteinfledermaus, eine streng geschützte Art, einige der wenigen bekannten Wochenstuben (Quartiere, in denen sie ihre Jungen
bekommt) Deutschlands hat? Die Fledermaus braucht den dort erzeugten Strom nicht.
Warum baut man die Windkraftanlagen nicht dort, wo die Verbraucher sitzen? Das menschliche Gehör ist deutlich weniger gut entwickelt, als das der Fledermaus und der größte Teil unserer Heimat ist
jetzt schon mit menschlicher Bebauung, Produktionsflächen und Lärmquellen überzogen.
Aus allen diesen Gründen setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen bei uns so gestaltet wird, dass für die Zukunft auch noch große störungsarme Refugien
für die Arten erhalten bleiben, die genau das brauchen.
Wir stehen am Beginn einer Zwillingskrise, die wir nicht lösen werden, indem wir den populären Zwilling „Klimawandel“ bekämpfen und den, mindestens genauso wichtigen, aber unpopulären, Zwilling
„Artensterben“ ignorieren.
Klimaschutz ist bis zu einem gewissen Maß auch Artenschutz. Er ist aber nicht die alleinige Lösung! Und er darf keinesfalls zum Vorwand werden, der auch noch die letzten Rückzugsräume für
Bebauung erschließt!
„Unser Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel entscheidet darüber, wie wir in Zukunft leben werden. Unser Erfolg im Kampf gegen das Artensterben entscheidet darüber, ob wir überleben werden!“
Text: Benedikt Sommer